Meister: Philipp Nespital – smalltape – Mt. Amber (DE_BE)

Veröffentlicht am 31. Oktober 2025 um 12:06

Rockiges Doppelpack, diesmal auch wieder aus Berlin – Wir begleiten den musikalischen Weg dieses sympathischen Künstlers sowie Multi-Instrumentalisten Philipp Nespital und seiner vielen helfenden Weggefährten aus der Region Berlin bereits seit der Veröffentlichung seines sehr starken Debüts Circles (2011).

Mit einer zu dieser Zeit äußerst ungewöhnlichen Veröffentlichung auch als Kompakt-Kassette unterstreicht der Berliner damit noch deutlicher den Projektnamen smalltape. Auch seine anderen Arbeiten aus dieser Zeit sind schon mehr als beachtlich und zeigen das enorme Talent dieses Klang-Magiers. Philipp Nespital ist ausgebildeter Filmtonmeister, vielleicht bringt er deshalb so ein besonderes Gespür für Dramaturgie und Klanginszenierung mit ein in seine Klangarbeit. Egal, auf welchem Instrument der Multi-Instrumentalist musiziert, man hat immer das Gefühl er hat volle Kontrolle und alles im Griff. Solch ein Selbstverständnis und Souveränität für das was passieren muss, habe ich sehr selten erlebt. Das gibt ihm fast ein Alleinstellungsmerkmal. Aber das ist noch nicht alles, seine Lyrik, sein variantenreicher Gesang, sein Gefühl für den Zusammenbau von Kompositionen ist manchmal atemberaubend. Er weiß quasi schlafwandlerisch akustische Intermezzi von akustischen Gitarren, Violinen, Cellos in ein musikalisches Gefüge oder Klang-Strom einzuweben, das ich oft eine Gänsehaut bekomme. Dann wieder steigt er übergangslos auf einen Rock-Express um und auch diese neue Härte beherrscht er souverän. Genres spielen für ihn eine untergeordnete Rolle. Hört euch auf Soundcloud einmal seine smalltape Soundescapes Volume 01 (2012) an, nehmt euch Zeit, lasst es wirken und euch mitnehmen auf eine fast 80-minütige Reise durch Zeit und Raum.

Treehouse Scenery – Für Philipp Nespital war das Spielfeld Solo schnell zu klein oder auch zu unbeweglich, besonders weil er Musik auch Live präsentieren wollte. Daher arbeitete er auch im Berliner Progressive-Rock-Trio Treehouse Scenery zusammen mit Alexandra Praet (Bass, Keyboards, Gesang) und Christopher Zitterbart (Gitarren, Gesang) an Musik im Kollektiv. Das führte zur EP Cocoon (2013) und später zum Band-Projekt Mt. Amber. In dieser Zeit arbeitete Philipp auch mit seinem Freund Stephan Pankow (Gitarrist & Mandolinespieler, Musikpädagoge, Bandcoach, Musik-Lehrer im eigenen Studio P, Komponist, Songwriter, Notensetzer, TiNYLiTtLETHiNGs) aus Dresden in verschiedenen Projekten, beispielweise als Brasil Acoustic Quintett und Nespital & Pankow, zusammen. Bilder_Cover_Promo_U: Philipp Nespital

Ein Ozean voller Melodien & Botschaften – Bereits 2017 sorgte Philipp Nespital mit seinem zweiten Album The Ocean seines Projekts smalltape für große Begeisterung in der deutschsprachigen Art-Prog-Rock-Szene. Fast alle deutschen Digital- und Druck-Magazine Bereich Rock-Musik lobten The Ocean als eine der herausragendsten progressiven Veröffentlichungen des Jahres, bezeichneten smalltape sogar (berechtigt) als neuen, strahlenden Stern am Art-Rock-Himmel. Vor allem mit ihren Band-Auftritten zusammen mit der US-Art-Rock-Band Bent Knee, den beiden vom Publikum gefeierten 2018er Auftritten beim Night Of The Prog Festival Loreley und 2 Days Prog + 1 Festival im norditalienischen Veruno, stellten smalltape unter Beweis, dass das Band-Projekt über ihren Status als Geheimtipp weit hinausgewachsen war. Aber braucht dann ein/e Projekt/Band die mit dem großartigen Ultra-Hammer The Ocean eines der besten deutschen Art-Prog-Alben seit langem veröffentlicht hat und von der in fast allen Musik-Magazinen und Plattformen geschwärmt wird, die auch eine Umsetzung des Konzept-Werks Live auf der Bühne vielfach reproduzierbar exzellent präsentierte, tatsächlich noch positive und hoch lobende Presse ?? Natürlich, aber dafür muss man sich dann auch beweisen können, muss auftreten können, muss zeigen können das es auch Live möglich ist solche komplexe Musik aufzuführen und das Publikum damit zu begeistern. Natürlich, das haben auch anderen junge herausragende Bands gemacht und die sind heute Stars der heutigen Prog-Szene. Also weitermachen !! Bilder_UNight Of The Prog 2018 Loreley, St. Goarshausen

Der Ozean Live – Nach dem wirklich überzeugenden Auftritt beim Night Of The Prog 2018 vor großen Publikum in der geschichtsträchtigen Arena von Sankt Goarshausen, legten die fünf Berliner Musiker im selben Jahr bei den italienischen Prog-Festspielen Two Days Prog + 1 in Veruno am Lago Maggiore, Piemont noch einige Zacken zu. Druckvolle präzise Bassläufe von Alexandra Praet, Gitarren-Salven von Flavio De Giusti mit denen man nicht nur Brot schneiden könnte, Scott Thomas bearbeitete das Saxofon fett & breit wie Klaus Doldinger oder virtuos & gefühlvoll wie Jan Garbarek, Diego Caetano schuftete in seiner Trommel-Burg mit Muskelkraft und gefletschten Zähnen. Über allem in der Zentrale, wo alle Fäden zusammen liefen meisterlich Philipp Nespital, der sein Instrumentarium perfekt beherrschte, wo alles auf unglaublich perfekte Weise verwoben wurde. Schnell mal ein Sample gestartet, Haupt-Thema auf der Akustischen, sang auch noch dazu, in der Titelpause schnell mal ein Kabel umgesteckt, bei der Ansage zum nächsten Stück auch mal parallel die Batterien eines Gerätes getauscht, meine Güte hatte der Philipp Nerven. Und das ganze 5-köpfige Kollektiv verzauberte mit diesem Klangerlebnis das Publikum auf dem Dorfplatz in Veruno. Wie magnetisch angezogen, finden sich bei der ersten Band des Tages immer mehr Liebhaber und Überraschte in der Nähe des Spektakels ein. Und dass auch viele Nicht-Deutsche von der musikalischen Qualität dieser Berliner Teutonen von smalltape begeistert waren, zeigte die Menschentraube vor dem Merchandise. Zwei Italiener lassen sich sogar vergrößerte gerahmte Bilder des Ocean-Covers signieren, das überraschte selbst den zurückhaltenden Berliner Philipp. Schon damals informierte smalltape, dass sie fleißig am dritten Album und an einem neuen Projekt arbeiten. Diese Kompositionen sollten sicher die Lautsprecher der Welt laut ertönen lassen. Leider hat die Zeit danach durch pandemiebedingtes Erstarren der Kultur dem ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Philipp weist mit berechtigten Stolz auf seine Festival Stationen und Touren hin: Unterstützung für Bent Knee (Artrock/USA 2018), Night Of The Prog Festival (Loreley 2018), 2 Days Prog + 1 Festival (Veruno, Italien 2018), Art-Rock Festival (Reichenbach 2021), Crescendo Festival (Saint-Palais-sur-Mer, Frankreich 2022), Night Of The Prog Festival (Loreley 2022), Prog-Power Europe Festival (Niederlande 2022), Progressive Generation (Deutschland 2022/2023), Unterstützung für Bruce Soord (Europa Tour 2023). Bilder_U:  2 Days Prog + 1 Festival 2018 in Veruno am Lago Maggiore, Piemont

Ein Berg voller Bernstein – Die grundlegenden Zutaten sind aus fast 60 Jahren anspruchsvoller Rock-Musik bekannt. Vergleiche kann und könnte man also wieder einmal dutzendfach ziehen, dennoch ist das neue Werk aus der Berliner Schmiede um Philipp Nespital in jeder Hinsicht eigenständig, zeitgemäß, druckvoll, homogen und sehr hörenswert. Nach mehrmaligem durchgehendem Anhören des Debüts des Berliner Band-Trio Mt. Amber bestand bei mir damals akute Suchtgefahr, das hat sich auch bis heute nicht geändert. Ich war auch schon von dem berechtigt hoch gelobten Album The Ocean (Philipp´s Solo-Projekt smalltape) total begeistert, wünschte mir, was ich auch den Live-smalltapes mehrmals persönlich sagte, für das nächste Album zu den bereits bekannten guten Zutaten, unter anderem mehr rockigere Passagen und vor allem mehrstimmigen Gesang. Und volar, hier auf Another Moon wird alles reichlich geboten. Schon das 11-minütige Eingangsstück All We Are glänzte mit allen vorher genannten Attributen. Im siebenteiligen Episoden-Song-Zyklus und titelgebenden Meisterstück Another Moon wird auf über 30 Minuten aber dann noch deutlicher welch ein eingespieltes, kollektives Team als Progressiv-Maschinerie hier werkelte.

Mt. Amber Band – Der Kern dieser Band Mt. Amber sind Alexandra Praet (Bass, Keyboards, Gesang), Christopher Zitterbart (Gitarren, Gesang), Philipp Nespital (Schlagzeug, Keyboards, Gesang), drei ehemalige Mitglieder der Berliner Progressive-Rock-Band Treehouse Scenery (2013: EP Cocoon). Bereits schon 2015 formierten sie das Progressive-Rock-Trio Mt. Amber, arbeiteten seither in diesem Projekt an einem eigenständigen, modernen und charakteristischen Sound. Inzwischen ist für Auftritte Josip Duvnjak an den Keyboards noch mit dazu gekommen. Aufgrund enger Verbindungen einiger Band-Mitglieder auch zur Film-Branche, enthalten die Kompositionen von Mt. Amber (aber auch die von smalltape) in Musik und Text zudem auch starke narrative und cineastische Elemente. Diesen progressiven Rock präsentieren die Drei nun mit dem aktuellen Debüt Another Moon, das April 2019 bei recordJet erschienen ist und danach auch bei einigen Konzerten Live komplett vorgestellt wurde !! Wegen der üblen Pandemie liefen damals, wie bei vielen anderen Künstlern, Live-Aktivitäten erst einmal auf Sparflamme. Alternativ konnte man sich aber per digitaler Konserve beispielsweise auch mit der exklusiven Live-Video-Version des dynamischsten Songs Amok, aufgenommen von Jean-Marc Junge im März 2018 im Berliner Maze, von der eingespielten Qualität der vierköpfigen Live-Band überzeugen lassen.

Mt. Amber Album – Im Dunstkreis um Philipp Nespital wird nichts dem Zufall überlassen, hier arbeitet ein kreatives Kollektiv. Vom Design-Team (dezentes Artwork des Logo, Cover, Booklet), über das Mastering und die unterstützenden Musiker & Helfer, hier wird, wie bereits gesagt, auf bekannte gute Zutaten gesetzt. Die drei Musiker weisen immer wieder darauf hin, dass Mt. Amber im Gegensatz zum Solo-Projekt smalltape eine Band ist, obwohl auch die smalltape-Besetzungen bisher immer auch auf der Bühne und im Studio als starke Kollektive auftraten. Und das hier gleichberechtigte Musiker auf Augenhöhe zusammen gerne musizieren, das hört man bei Another Moon über die gesamte 50-minütige Spielzeit deutlich. Hier wechselt Rockiges mit ruhigen Passagen, die meisten Texte werden von Philipp’s ausgeprägter Stimme zu Gehör gebracht. Somit deckt sich all das mit den Aussagen von Philipp Nespital: „Es gab für mich niemals Zweifel, dass die Songs, die ich für unsere Band Mt. Amber schrieb, auch für smalltape geeignet wären. Sobald ich aber einen Song für uns geschrieben hatte, begannen wir Drei gemeinsam daran zu arbeiten und zu feilen.“ Und der mehrstimmige Gesang könnte auch ein gewisses Markenzeichen der Band werden. Hört mal rein bei diesem modernen, germanischen Progressive-Rock von Mt. Amber: zeitgemäße Lyrics & Musik, atmosphärisch & episch, ruhig & emotional, rockig & wütend, musikalisch tiefgründig, harmonisch mit Mehrstimmigkeit, aber auch stets bodenständig, zugänglich, nachdenklich sowie immer mit eindeutigen und unüberhörbaren Wurzeln in die gradlinige Rock-Musik. Das alles trifft auch auf smalltape zu. Großartige Handwerkskunst !! Besucht auch Mt. Amber Video digital auf YouTube. Bilder_Cover_Promo_O: Philipp Nespital, Bilder_U: Artrock Festival 2021 im Neuberinhaus, Reichenbach Vogtland

Hungriges Herz – Zehn Jahre nach dem verspielten aber immer noch taufrischen Art-Rock-Debüt Circles und dem nachfolgenden monumentalen The Ocean (2017) führte der musikalische Weg des Projekt smalltape von Philipp Nespital konsequent weiter. Mit The Hungry Heart probierte er sich weiter aus, brachte eine Menge neuer Aspekte, Ideen und Klangfarben in das Werk ein. Einige behaupten zwar das dritte Album sei eines der schwierigsten. Das muss Philipp gewusst haben, denn er geht Risiko und neue Wege. Es klingt alles wieder einmal in Gänze exzellent, aber thematisch doch noch etwas experimenteller, orchestraler, elektronischer, akustischer. Knapp 70 Minuten modernes, facettenreiches Klangerlebnis, verteilt etwas ungleich auf zwei CDs, gleichverteilt auf vier Vinylseiten. Das knapp dreiminütige instrumentale verträumt-jazzige Piano-Intro Where We Belong und das gekoppelte 21-minütige Dissolution sind das dominierende Herzstück dieses dritten Albums von smalltape. Hier entfaltet sich wieder einmal ein ausgezeichnetes Art-Prog-Opus bei dem das Piano eindeutig den Ton vorgibt. Die anderen Zutaten kennen wir inzwischen vom Berliner und seinen befreundeten Künstlern, machen das Werk besonders und zeitloser. The Hungry Heart ist wieder eine Weiterentwicklung und die wird mit dem aktuellen Album Tangram konsequent fortgesetzt. Besucht auch mal die aktuellen smalltape Videos in der digitalen Welt. Text_Diashows: Christa & Roland Koch

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