Schatzkisten: Barclay James Harvest und Be Bop Deluxe – EMI hatte in der Zeit von 2010 bis 2015 im Bereich Bündelung von Original-Alben als Pakete (Klein-Budget-Serien) von drei bis sechs CD’s die Preis-Leistung-Referenzqualität !! Hier Teil 1 !!
Es gab auch die CD-Boxen »Original Album Serie« (Warner, 5CD) und »Original Album Classics« (Sony/BMG, 3CD oder 5CD) im Platz sparenden Papp-Schuber. Da waren die einzelnen Original-Alben (je CD ein Album) in einfachen Papp-Taschen (Paper-Sleeve) in LP-Hüllen Replica-Design und ohne Booklet sowie meist auch ohne Bonus-Titel und aktuelles Remastering. Für Liebhaber die fast lückenlos die Entwicklung der Geschichte oder Teil-Geschichte der/des Künstler/s mittels Alben und Bonus-Material verfolgen möchten, bot EMI damals die preiswerteste Alternative zu den teils nicht mehr verfügbaren und/oder teuren Einzel-Alben/Singles. Auch wenn man den Output eines Künstlers beziehungsweise Band sowie eines Labels (Charisma, Decca, Harvest, Island, Motown, Vertigo, Virgin) auf zwei Boxen verteilt hatte, wie beispielsweise Steeleye Span, Robin Trower, Tangerine Dream oder UFO, die Quantität und Qualität bleibt immer gleichbleibend hoch. Bei den Label-Übersichten von Island und Virgin sind die sechs verschiedenen 3CD-Boxen sogar nach Zeit und/oder Thema gegliedert. Leider sind heute viele Ausgaben nur noch auf dem Gebraucht-Markt zu haben, dennoch findet man die immer wieder mal, suchen lohnt sich sehr. Also: AUGEN AUF !!!
Leider zahlt der Käufer heute eh fast nur noch Logistik und Vertrieb. So kommt es, dass man beispielsweise wie bei Peter Tosh, alle sechs Studioalben, plus Bonus-Titel, plus komplettes unveröffentlichtes Live-Konzert, alles 2012-Remastered, plus tolles informatives Booklet in 6-CD-Box für damals um die SchoTTischen 10 Euro bekommen konnte und im anderen Fall reinfällt mit einem Einzel-Album im vermeintlich wertigeren Digi-Pack ohne Bonus oder Mehrwert für den gleichen oder höheren Betrag. Nachfolgend stelle ich hier nun die ersten sechs interessanten dicken Dinger vor. Weitere Beiträge folgen. Also noch einmal: IMMER AUGEN AUF !!!
Gegründet wurden die britische Progressive-Rock-Gruppe Barclay James Harvest 1967 von John Lees, Stuart „Woolly“ Wolstenholme, Les Holroyd, Mel Pritchard, die alle aus der Stadt Oldham in Greater Manchester (North West England) stammen. Hier ist die Band, die vor allem bekannt wurde durch ihren orchestral geprägten Stil, der zum Teil Klassik und Rock symbiotisch verbindet, vertreten mit Material 1968 bis 1973. Das heißt die kompletten Alben und Single-Tracks, seltene BBC-Aufnahmen und bergeweise unveröffentlichtes Material sind auf der Box Taking Some Time On – The Parlophone Harvest Years (2011) zusammengefasst. Auch dieser Marsch durch die Archive von EMI ist für damals weit unter 20 Euro ein Muss für alle Fans der progressiven Phase dieser Band an der Grenze zu verschiedenen Genres. Auch die beiden DCD Live At The BBC Volume 1 und Volume 2 (Doppelpack) der The Beatles, gehören auch zu dieser Serie. Hier aber auch noch der Ordnung halber erwähnt.
Die Band Be Bop Deluxe wurde 1972 in Wakefield, England gegründet (Auflösung 1978) und zählen eindeutig zu den leider von vielen Fans längst vergessenen Bands, die aber viel mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten. Entstanden in der Post-Glamrock-/Prä-Punk-Ära war die Gruppe in erster Linie ein Ventil für Bill Nelson, den man zweifellos als einen zeitgemäßen großen Gitarren-Helden der 70iger bezeichnen kann. Nelson spielte einen erstaunlich flüssigen Stil, der trotz gelegentlicher Hendrix-Anleihen, bluesige Töne weitgehend mied und sich eher jazziger Detailarbeit widmete. Und trotzdem erwarten den Hörer keine schrägen oder frickeligen Jazz-Eskapaden. Be Bop Deluxe überzeugten durch ausgefeilte Kompositionen balanciert zwischen Rock, Progressive, leicht jazzigen Sounds, ausgezeichnete Gitarrenarbeit, mehrstimmiger Gesang, rhythmische Ausgereiftheit. Und besonders diese Melange von Stilen bewirkten dieses eigenständige Klangbild, dadurch unterschied sich Be Bop Deluxe deutlich von vielen anderen Bands. Sie nahmen sich Rock’n’Roll-Elemente vor, bauten sie auseinander und wieder zusammen, Einfallsreichtum der nicht an der Oberfläche stecken bleibt, sondern tief ins Detail geht. Enthalten sind hier bei dieser Box Futurist Manifesto: Harvest Years 1974 – 1978 (2011) die folgenden kompletten Alben des Harvest Labels der Jahre 1974 bis 1978 mit ständig wechselnden Personal: Axe Victim (1974), Futurama (1975), Sunburst Finish (1976), Modern Music (1976), Drastic Plastic (1978). Die fünfte CD enthält Demos und Live-Aufnahmen in akzeptabler bis guter Qualität. Nun noch das Chart-Album Live! In The Air Age (1977) und das Be Bop Deluxe Komplett-Paket wäre qualitativ/quantitativ perfekt. Das gute Live-Werk ist leider nicht im dicken Paket enthalten. Auch das gedruckte Material ist Klasse. Diese 5CD-Ausgabe ist eine sehr gute, preiswerte Alternative zu den fünf einzelnen Super-Deluxe-Editionen der fünf Studio-Alben die 2018 bis 2021 erschienen sind.
Sänger, Songwriter, Gitarrist William (Bill) Nelson aus Wakefield, West-Yorkshire in England gründete 1972 Be Bop Deluxe, er selbst wurde schnell als legitimer Nachfolger des damaligen Glam-Rock-Superstars David Bowie bezeichnet, jedoch gingen seine künstlerischen Vorstellungen über derartige journalistische Simplifizierungen hinaus. Mit dem Song Jet Silver And The Dolls Of Venus lieferte er dann folgerichtig eine tolle Persiflage auf Bowies Erfolgsalbum Ziggy Stardust And The Spiders From Mars ab. 1975 schien die Karriere von Be Bop Deluxe dann richtig in die Gänge zu kommen, mit dem Line-Up Bill Nelson, Andrew Clark (Keyboards), Charles Tumahai (Bass), Simon Fox (Drums) war die Idealbesetzung gefunden. Prompt stieg diese Februar 1976 mit dem Album Sunburst Finish (1976) erstmals in die englischen Charts ein und kletterte bis in die Top-20. Und selbst in Amerika war man inzwischen auf die Band aufmerksam geworden (#72 Billboard). Also wurden die Jungs sogleich für eine US-Tournee verpflichtet. Seine Eindrücke von dem riesigen, technikgläubigen, aber menschlich oberflächlichen Land und sein bis ins Mark gehendes Heimweh nach England und seiner dort lebenden Freundin inspirierten Bill Nelson zu vielen Songs und Texten, beispielsweise für das im September 1976 veröffentlichte, vierte Studioalbum Modern Music (1976), mit dem der Band der weltweite Durchbruch gelingen sollte. Auf diesem zweiten großartigen Box-Set At The BBC 1974-1978 (2013) gibt es nun erstmals auf 3CD (plus DVD) das komplette Material zu hören (7 verschiedene Sendungen: Peel Session, In Concert) und zu sehen (4 TV Auftritte: Old Grey Whistle Test, Sight And Sound In Concert), dass die Band für Mütterchen BBC (Radio und TV) eingespielt hat, dabei auch jede Menge Aufnahmen für die legendären Sendungen des John Peel. Das Material ist natürlich auch zum großen Teil auf den fünf einzelnen Super-Deluxe-Editionen der fünf Studio-Alben die 2018 bis 2021 erschienen sind enthalten, teilweise sogar noch etwas aufgestockt. [Roland Koch]
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