Wieder so eine tragische Geschichte der Rockmusik - Menschen sterben, das ist Biologie und gehört zur lebendigen Welt-Geschichte seit es Lebewesen auf diesem blauen Ball im Sol-System gibt. Wenn große Stars die Weltbühne verlassen, wie kürzlich beispielsweise Anna Mae Bullock (Tina Turner), dann berichtet die ganze Weltpresse, vorproduzierte Nachrufe werden massenhaft veröffentlicht.
Wenn aber ein recht unbekannter Blues-Musiker tragisch und allein in seiner Wohnung fern seiner britischen Heimat unerwartet und plötzlich stirbt, nimmt kaum einer Notiz davon. Nicht so unser Magazin, da für uns nicht nur die strahlenden Personen ein Thema sind (aber auch), sondern auch die Menschen die nicht so im Rampenlicht stehen aber nichtdestotrotz eine gewichtige Rolle in der Musik-Kultur spielen oder spielten. Dazu passend veröffentlichen wir in Heft-Magazinen, begleitend auch in verschiedenen digitalen Magazinen, viele Geschichten solcher wunderbaren Musiker. Der in Odenbach Nähe Idar-Oberstein lebende Komponist, Sänger und Gitarrist Denny Newman ist überraschend Ende August 2023 verstorben und damit am Ende von Noah’s großen Regenbogen angekommen. Sein Sohn Scott aus England konnte ihn länger nicht mehr erreichen, ein Bekannter von Denny fand ihn tot am Küchentisch sitzend. Schade das mir seine Geschichte erst jetzt mit auf meinen Weg gegeben wird, aber schön das eine Redaktion ausgerechnet mich gefragt hat.
Seine Wurzeln sind schon früh, bleiben bis zu seinem Tod, der Blues !! Bereits seit 1970 ist er fester Bestandteil der britischen Blues-Rock-Szene. Erste Spuren im hartrockigen Bereich mit Castle Farm (1972: Hot Rod Queen und Mascot). Leider wurde er nie so bekannt wie die musikalisch ähnlichen Mark Knopfler, Slowhand Clapton (Denny’s Stimme erinnert stark an ihn), Snowy White, Peter Green oder einige ebenso starke Blues-Gitarristen die wir in diesem Heft vorstellen. Und das er beileibe kein unbeschriebenes Blatt ist, zeigen schon allein seine Solo-Werke. Auf Bless Tupelo (1990), mit einer Erstauflage von 1.000 Exemplaren ist das Album natürlich längst vergriffen, sind Schlagzeuger John Lingwood (Manfred Mann's Earth Band, Steamhammer, Stomu Yamashta’s East Wind, The Company Of Snakes) und Saiten-Virtuose Geoff Whitehorn (Bad Company, IF, Procol Harum, The Riffburglars, The Shortlist) an seiner Seite. Auch bei Noah’s Great Rainbow (1995) ist Lingwood, aber auch der Sohn Scott Newman an Bord. Sleepwalking With You erscheint 2005 und ist damit das dritte Solo-Album von Denny. Ganz im Stile der genannten großen Namen kommt auch sein fantastisches viertes Album Is It Any Wonder (2014) daher. Der allerletzte Blues-Titel Runaway Train von Denny Newman ist nun am 26. Mai 2023 erschienen. Der Titel sollte mit der kurz zuvor erschienen Gänsehaut-Ballade Cold Cold Love auch auf das kommende fünfte Solo-Album (siehe Rubrik CD: Reach Out: Music For Ruth Cape) des britischen Gitarrenhelden.
Die meisten Tantiemen verdiente er mit den drei Liedern die er für die britischen Progressive-Rock-Band Manfred Mann's Earth Band komponierte. Mit denen war er auch mehrmals auf Tour. Für das dreizehnte Studioalbum Masque (Songs And Planets) wurde 1987 aufgenommen und dann am 16. Oktober des Jahres veröffentlicht. Chris Thompson hatte die Band nach dem vorherigen Album Criminal Tango (1986) verlassen und die Band bestand nur noch aus den drei festen Mitgliedern: Manfred Mann, Mick Rogers, John Lingwood. Nach diesem Album wurde der Name Earth Band bis 1990 nicht mehr verwendet, da er an bestimmte Bandgefüge gekoppelt war. Telegram To Monica war Denny Newmans dritter Song, den er für die Earth Band schrieb (nach Lies: Through The 80s und Killer On The Loose), aber der einzige, bei dem Newman Bass spielte sowie dabei auch selbst sang. Beim Titel Neptune (Icebringer) war er Mit-Autor und laut Gerüchten bei Geronimo’s Cadillac steuerte er ebenso den Gesang bei. Lies: Through The 80s wurde einmal für eine Techno-Nummer benutzt, aber man hatte ihm die zustehenden Tantiemen vorenthalten. Den späteren Prozess hat er dann gewonnen.
Denny Newman und seine The Regulators waren anfänglich ein Geheimtipp der kleineren Clubs und wurde von einer ansehnlichen, treuen und begeisterten Fangemeinde begleitet. Ihre Interpretation des Blues/Rock hatte Einflüsse des Jazz, Denny’s Auswahl eigener Songs nutzt er als Basis für immer wieder wechselnde instrumentale Improvisationen. Variierende Blues-Gitarre, getragen vom rhythmischen Fundament, oft im spielerischen Duell mit melodisch-hypnotischen Keyboards von Max Middleton. Die Live-Qualität von Denny Newman wurde über seinen Tod hinaus mit dem Album Liva La Regulars (2009) konserviert, ein echter Leckerbissen für alle Freunde des klassischen britischen Blues-Rock. Es handelt sich beim gesamten Material um Titel seines dritten 2005-Album Sleepwalking With You. Auch im Quartett wieder an seiner Seite Sohn Scott Newman am Bass sowie Schlagzeuger Jeff Allen (jüngerer Bruder von Chris Cross) und Schwergewicht Max Middleton (Hummingbird, Jeff Beck Group, Snowy White & The White Flames) an den Tasten. Allein diese Namen zeigen die Stellung und Wertschätzung den Denny bei den britischen Blues-Musikern genoss. Ich hatte das große Vergnügen ihn auf einer Club-Bühne zusammen mit Mick Taylor (Rolling Stones) einmal Live erleben zu dürfen. Auch hier stand seine Leidenschaft, der wahre pure und ursprüngliche Blues im Mittelpunkt, hier wurden im Quintett die bluesigen Kräfte in allen Facetten dargeboten.
Was bleibt mir noch zu sagen. Denny Newman schreibt selbst im März 2023 bei der Video-Veröffentlichung der lang erwarteten Single Cold Cold Love, eine Gänsehaut-Ballade zusammen mit Vokalistin Caroline Dawson: „Das Album kommt später in diesem Jahr.“ Hat leider erst mal nicht mehr geklappt mit dem fünften Album. Aber Sohn Scott sowie langjähriger Freund und Produzent John Lingwood, der spielt auf dem Album auch Bass und Keyboards, werden für die Veröffentlichung von Reach Out sorgen. So einen wunderbaren, herzergreifenden Titel wie Cold Cold Love hätte man von Eric Clapton erwarten können, aber Denny Newman hat es, wieder einmal mit einer starken Frau an seiner Seite, total gerockt, und wie. Wer bei dieser Ballade keine Gänsehaut bekommt, sollte sich den Puls fühlen (oder lassen), ob er noch lebt. Ein Fan schrieb dazu: „Ein wunderschönes Stück Musik, das es verdient, gespielt zu werden, und das weit besser ist als die schreckliche hohle Musik, die heutzutage im Radio gespielt wird. Mehr, bitte.“ Genauso, Back To The Blues Roots !! [Roland Koch]
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