Festival: Blue Wave Festival 2024 – Binz auf Rügen (DE)

Veröffentlicht am 22. Mai 2025 um 00:26

Internationaler Blues-Gipfel am Ostseestrand auf Rügen – Wir haben uns schon wochenlang auf zwei Blues-Musik-Reisen, einmal zum renommierten, internationalen Blues-Festival Schöppingen (Bericht in diesem Heft) sowie zum ebenso multikulturellen 11-tägigen Blues-Gipfel auf der nördlichsten deutschen Ostseeinsel Rügen gefreut.

Hier standen zuerst einmal vom 06. bis 09. Juni 2024 die sogenannten „Blue Notes“ wieder einmal fast nonstop beim Blue Wave Festival im Mittelpunkt. Erneut wurde hier musikalisches Strandgut von diesmal fünfzehn Nationen und überlappend aus den Bereichen Blues, Funk, Jazz, Soul und Rock gelandet, zum hautnahen Erleben auf verschiedenen Freiluft- und Club-Bühnen im mondänen Ostseebad Binz. Das viertägige, tatsächlich schon 26. Festival zeigte wieder gewünscht Gewohntes, überraschend Unbekanntes, aber auch hoffnungsvolle Neuentdeckungen. So konnte man dieses Jahr The Wake Woods leibhaftig erleben, die 2023 im Vorprogramm von den legendären The Who auf der Berliner Waldbühne brillant und bärenstark die Zuhörerschaft angeheizt haben. Das starke deutsche Rock-Trio gehört wie die schwedischen Skybenders, die hier auch wieder, diesmal sogar 7-köpfig als Virginia & Skybenders with Delta Friends und als Festival-Höhepunkt magische Akzente setzten, zu den jungen wilden Neo-Blues-Rockern, die uns Hoffnung für den bluesigen Rock machen. Über diese neue Generation von Musikern, hier ebenso preisverdächtig The Bluesanovas, haben wir ja auch schon letztes Jahr von hier aus Rügen und vom Jeinsen Blues Festival berichtet. Dieses Münsteraner Vintage-Quintett hat schon in ihren jungen Jahren Meriten im Vorprogramm von Eric Clapton eingesammelt und sie sind inzwischen ein strahlender Stern am Blues-Himmel. Und wer dann nach gefühlt über 50 Stunden nonstop Blues aller Spielarten immer noch nicht genug „Blue Notes“ erlebt hatte, der konnte noch einen 8-tägigen Nachschlag im Blues Camp in der schönen Freizeitanlage Regenbogen Göhren bekommen. Bilder unten L/R: Der Rasende Roland am Bahnhof Binz, Techniker am Kurpark.

Wie gewohnt startete zum 26-mal am Donnerstag um 20:00 Uhr das vielfach prämierte Blue Wave Festival in Binz mit einem Club-Auftritt, diesjährig mit Ina & Fabian Spang alias Muddy What? in der schönen, imposanten Eingangshalle des historischen Land-Bahnhof Binz. Von hier aus dampft auch die überregional bekannte, historische Dampf-Lokomotive Rasender Roland nach Putbus und Göhren. Der für Binz-Karten-Besucher kostenlose Club-Auftritt ist natürlich seit Wochen ausgebucht, aber wir können dennoch dank Marikke von der Pressestelle und Micha Maass als Festival-Chef vom starken Auftritt des Geschwisterpaars berichten. Die Markenzeichen des Trios, diesmal gut unterstützt von Manfred Mildenberger am Schlagzeug, moderner kraftvoller Blues mit einer signifikanten Gesangsstimme von Fabian und die gefühlvollen oder rasanten Soli seiner Schwester Ina an der führenden Gitarre und Mandoline. Herzblut und Leidenschaft sind zusammen die tragenden Elemente über deren zweiteiligen zweistündigen Auftritt mit Interpretationen von Klassikern und massig einigem Material. Volltreffer, eine würdige und passende Eröffnung mit erfrischend flippigen, hippiesken, aber auch satten, erdigen Blues, auch nachzuhören auf deren vier bisherigen Alben, im modernem Gewand vom inzwischen international anerkannten Blues-Nachwuchs aus deutschen Landen. Traditionell ging es aber nach kurzer nächtlicher Verschnaufpause am frühen Freitagnachmittag erst so richtig in die Vollen. Die traditionelle Straßen-Parade bringt wie in New Orleans am Mississippi den Blues in die Fußgängerzone, Promenade, Seebrücke, Restauration und zu vielen Binzern sowie Besuchern der Stadt. Die Trompeten von Jericho sind diesmal die multieuropäischen Guca Horns; Trompeter Marjan Antic (Serbien) und Krassimir Jossifov (Bulgarien), Tenor-Hornist Marton Regöczi (Ungarn), Tenor-Tubist Ralf Zickerick (Deutschland); die kurz danach auf der Hauptbühne am historischen Kurpark noch einmal als Teil der Guca Meets Wacken ihr Rock-Programm den Zuschauern ins Gesicht geblasen haben. Bilder unten L/R: Muddy What?, Guca Horns.

Auf dem großen Platz vor dem historischen Kurhaus ist wieder einmal mittig die Pink-Piano-Bühne aufgebaut, diesmal ohne Dach, da ja der Rügener Wettergott drei Tage kein Regen angesagt hat. Flankiert natürlich mit dem pinken Piano und hinten im Pavillon massenhaft pinke Sitzgelegenheiten für die Künstler und VIP-Gäste. Auf der Bühne versammelt sich das Guca-Gebläse und eine vielköpfige Rocktruppe. Die Bühne ist fast zu klein für das gesamte Personal und der Frontschreier im bunten Hawaiihemd zappelt in dem Klanggewitter über die Bühne, gibt echt alles, animiert das Publikum nach Leibeskräften. Auf seine Frage: „Habt ihr auch so viel Spass wie ich“, ist die Resonanz leider etwas verhalten. Vielleicht weil man ängstlich einer ganzen Armada von wild spielenden Musikern gegenübersteht. Für viele Zuschauer keine leichte Kost nach dem folkloristischen Einstieg mit Balkanflair.

Egal wo ich im Blues hinkomme, da sind auch polnische Künstler direkt im Sichtfeld. Und die Zentrale von ihnen scheint der Kultur-Schmelz-Tiegel Berlin zu sein. Letztes Jahr hatte mich das Trio Lucky Troubles mit einem akustischen Dampfhammer der Extraklasse hier im Festival-Areal am mondänen Kurhaus Binz überrascht. Und diesmal kam Schlagzeug-Maschine Andrzej Kownacki zusammen mit Gregor Avanius am Bass und Blues-Urgestein Pedda Schmidt (East Blues Experience) an den Gitarren sowie Mikrofon wieder zum Blue Wave, jedoch als Berliner Triumvirat Dodge Boogie. Drei exzellente authentische Musiker spielen auf einer rundherum einsehbaren Cabrio-Bühne passend zum Bandnamen staubtrockenen Texas Boogie und knochenharten Blues Rock wie ein röhrender V8-Sauger unter Vollgas. Nach vier Festival-Stationen bereits jetzt, erfreulicherweise wie uns viele Besucher bestätigen, ein echtes aber gutes Kontrast-Programm. Wer schon einmal beim Blue Wave Festival oder beim Blues Camp Göhren Besucher oder sogar Teilnehmer in einem der vielen Seminare war, der wird sicher einigen Künstlern immer wieder begegnen. Dazu gehört auch der immer gut gelaunte US-Auswanderer, Harmonika-Spieler, Sänger und smarte Entertainer Henry Heggen, Spitzname Mister Natural Of The Blues. Diesmal ist zwar sein Zwillingsbruder Blues Rudy nicht dabei, der spielt Solo im Blues Camp, dafür aber mit Mojo Men eine Truppe von ebenso exzellenten, renommierten Mitspielern an verschiedensten Instrumenten: Konrad Herbolzheimer (Bass, Gesang), Stefan Dahm (Schlaggeräte), Martin Scheffler (Gitarre), Jürgen Scholz (Gitarre, Gesang), Lutz 'Hammond' Krajenski (Orgel, Gesang). Und Henry, aufgewachsen in Florida und musikalisch durchgestartet bei Have Mercy in London, weiß wie man die Menschen begeistert und er ist wahrlich nicht nur ein fantastischer Harmonikaspieler und Sänger, sondern auch ein Entertainer mit Erfahrung. Die Stimmung steigt von Sekunde zu Minute, am Bühnenrand vorne ist Bewegung wie bei einem Aerobic-Kurs und schon tanzen die ersten Pärchen zu den klanglich sehr gut gemischten Bluesliedern, meist Eigenkompositionen der Musiker die dort souverän aufspielen. Diese ausgelassene Feststimmung lässt uns bei prächtigem Wetter tatsächlich vergessen, vermutlich geht es vielen anderen Anwesenden auch so, was auf unserer Erde gerade so alles los ist. Und das ist ja auch eigentlich die Urkraft des Blues seit über 100 Jahren, die hier zwar nicht von den Unterdrückten in Baumwollfeldern sondern von der Blues-Gemeinde hier an der Promenade der Ostsee voll ausgelebt wird. Bilder unten L/R: Guca Meets Wacken, Dodge Boogie.

Das junge, wilde Trio mit dreistimmigen Gesang aus Berlin, Ingo Siara (Bass), Helge Siara (Gitarre, Harmonika), Sebastian Kuhlmey (Schlagzeug), bestreiten den Tagesabschluss und haben leider als einzige Band des 4-Tage-Festival etwas Pech mit dem Wettergott. Wir waren leider beim Aufritt der The Wake Woods auf der Berliner Waldbühne nicht dabei, aber wenn die Drei auch so hart den Aufschlagball gespielt haben, war es sicher für die Legende The Who, schwer den Spielball ordentlich zu retournieren. Geplant war, so die Aussage der drei Musiker, dass sie hier in Binz viel von ihrem aktuellen Werk Treselectrica zum Besten geben wollten. Leider vereitelte das teilweise ein kurzer aber heftiger Regenschauer. Zuschauer, Kurgäste, Künstler, Techniker, Equipment verschwinden in Blitzgeschwindigkeit in ihren Deckungen und damit unterbricht diese Zwangspause einen brettharten, energiegeladenen Spielfluss. Auf dem digitalen Wetterradar wird sofort ein regenfreies Zeitfenster gefunden, danach stürmen alle wieder für 15 Minuten auf und an die regennasse Bühne und der Pegel geht sofort übergangslos in den Endanschlag. Mit dem Rocker Take The Money And Run, mit einem passenden Augenzwinkern Richtung Veranstalter, ist leider Schluss und die Technik muss aus Sicherheitsgründen passen. Wir haben ein besonderes Freiluft-Konzert erlebt und fühlen uns dadurch alle verbunden. Der Veranstalter ist aber auf der Seite der Künstler, Moderator Ulf Drechsel verkündet das es beim 27. Blues Wave 2025 einen Nachschlag für The Wake Woods geben wird, hoffentlich dann ohne Wetter-Kapriolen oder mit geschlossenem Dach. Sehr gute Entscheidung, wie wir Festival-Leiter Micha Maass später bestätigten. An dieser Stelle auch schon mal ein großes Lob an Veranstalter, Festival-Leiter, Künstler, freiwillige Helfer, die hier wieder ein preisverdächtiges internationales Blues-Festival auf die Beine gestellt und am Laufen gehalten haben. Auch wenn man nicht, beispielweise wie in Schöppingen, sehr stark auf die englischsprachigen Künstler setzt, haben wir hier exzellente Blues-Leckerbissen aus ganz Europa im Programm, vor allem aber wird auch unsere deutsche Blues-Szene kollegial unterstützt. Bilder unten L/R: Mojo Men, The Wake Woods.

Der sonnige Samstag startet mit Jones And The Crew, ein erfahrenes Trio und Sängerin Txako Jones aus dem spanischen Sevilla. Ihren Weg zum Blues fand Txako über einige Umwege. In den 90er startete sie zunächst in der Metal-Szene, um dann im Verlauf über Rock, Soul, Funk und Jazz auch ihre blaue Seele zu entdecken, denn mit der 2001 formierten Blues De Bellota spielte sie hunderte von Konzerte. In London arbeitete sie später mit verschiedenen Künstlern sowie der Big Girl Blues Band zusammen. Zurück in ihrer Heimat begann Txako als Gesangs-Lehrerin im eigenen Studio und als Backgroundsängerin zu arbeiten. Auf einem spanischen Festival trafen sich 2022 Txako und Talentschmied & Gitarrist Jan Hirte, sie beschlossen zusammenzuarbeiten. Mit Blutsbruder Matthias Falkenau (Orgel, Tasten) und Schlagzeuger Carlos Dalelane aus Mozambique fand man genau die richtigen Crew-Mitstreiter. Es ist immer wieder faszinierend wie Jan, damit erinnert er uns stark an John Mayall, um eine charismatische Sängerin eine Band und deren Musik-Programm aufbaut und das können wir hier livehaftig in Binz und später noch einmal in Göhren erleben. Damit wollen wir aber die Beiträge der drei anderen aber nicht klein reden, denn dieses Quartett spielt trotz kurzer Zusammenarbeit als wenn sie schon seit Zeiten von Blues De Bellota zusammenspielen. Musik mit breiten Spanungsfeld, instrumental sehr gekonnt in Szene gesetzt und vokal von Txako wunderbar präsentiert, das alles passt in den sonnigen Süden Europas, aber auch nach Rügen an der Ostsee. Jones And The Crew erfreut das Publikum mehrere Tage später erneut im abendlichen Programm des Blues Camp. Bilder unten L/R: Jones And The Crew, The Bluesanovas.

Wenn man von deutschen Blues spricht, fällt neuerdings immer wieder auch der Name der erst 2015 formierten The Bluesanovas. In den letzten Jahren erarbeitete sich dieses Münsterländer Quintett den Status eines absoluten Live-Geheimtipps und konnte mit ihrem taufrischen Retro-Stil, der sich nicht nur musikalisch, sondern auch in Bühnenkleidung, Frisur und Equipment zeigt, regelmäßig überzeugen. Wir können das nach unserem letztjährigen Besuch beim Jeinser Blues Festival und einer nächtlichen eruptiven Blues-Party mit dem Quintett absolut bestätigen. Der gute Ruf, mit ihrem zeitgemäßen Blues des 21. Jahrhunderts wie sie selbst sagen, eilt den dreifachen Gewinnern des deutschen Blues-Awards voraus. So ist es nicht verwunderlich, dass niemand geringerer als Slowhand Eric Clapton die fünf Musiker aus Region Münster für seine 2022er Tour in Deutschland als Unterstützer einlud. Mit ihren bislang bereits vier veröffentlichten Alben und einer EP (die sogar aufgenommen im Sun Studio, Memphis), in nur sechs Jahren, eins sogar als klassische 10-Zoll Vinyl mit CD, kann diese junge Band inzwischen bei Liedern aus dem Vollen schöpfen. Dazu Spielpraxis durch massenhaft Auftritte in ganz Europa, bei denen sie immer wieder beweisen zu was Musik aus deutschen Landen fähig ist: Blues, der sofort übers Ohr (und Auge) ins Bein geht. Leider kommt das Quintett mit veränderter Besetzung und Titelliste nach Binz und schade ist, das trotz Bemühungen aller Bluesanovas der Funken im mondänen Binz einfach nicht überspringen will. Schade, man kann Stimmung nicht programmieren, sondern sie entsteht meist aus spontanen Interaktionen, Gefühlen und Begeisterung. Dennoch eine starke Vorstellung der jungen Band. Bilder unten: Virginia & Skybenders with Delta Friends.

Wer zu Virginia & Skybenders 2021 noch nichts auf seinem Zettel stehen hatte wie wir, der hatte dann zwei Jahre später schon einige, zwar noch wenige, Notizen darauf. Nach zwei bärenstarken Auftritten 2023 in Binz und Göhren, ist diese Formation aus Südschweden zum diesjährigen Blue Wave Festival aber nun viel deutlich sichtbarer in der deutschen Blues-Szene angekommen. Immer wieder werden wir zur magischen Stunde am Abschluss des Samstags auf diese junge Formation angesprochen. Die charismatische Virginia Pihlblad (Front-Stimme) und Maisan Gustafsson mit futuristischer elektrischen Violine (Saxofon, Violine, Gesang) haben diesmal die fünf Wikinger Joakim Wahlander (Front-Gitarren), Peter Höglander (Bass, Gitarre), Svenne „Ozzy“ Jansson (Orgel, Keyboards), Tobias Johansson (Schlagzeug) und Branko Bergstrand (Mundharmonika) als Blues-Septett Virginia & Skybenders with Delta Friends mit nach Binz auf den Platz vor dem Kurhaus mitgebracht. Und wir sagen es gleich vorab, wer sich diesen Auftritt hat entgehen lassen ist zu bedauern !! Die Band war bärenstark, fantastisch, pure Magie auch während des Kampfs mit dem Wetter über Rügen. Wir bewundern die Musiker in Sommerkleidung, denn es ist kühl geworden zum 2-stündigen Hauptprogramm. Aber die Akteure auf der Bühne sind unter Adrenalin und ständig in Bewegung, agieren gekonnt als Team, in Kleingruppen, massenhaft brillante Soli aller Musiker, überschäumend Ozzy Svenne mit einer ekstatischen entfesselten Orgel-Orgie beim Soul-Klassiker Green Onions, heizen gemeinsam die Stimmung immer weiter an. Leider hat Svenne seine uralte und malträtierte Emerson-Hammond-Orgel diesmal nicht mitbringen können, aber zumindest das Leslie-Kabinett. Zum Ende des Auftritts sogar noch unter einem heranziehenden Schauer, alle Akteure im Rausch und Joakim mit am Boden liegender Gitarre mit Zähnen spielend bei der Zugabe. Kaum einer auf dem Festivalgelände ist vor dem stürmischen Wetter geflüchtet, fast alle wollen sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen. Leidenschaft pur auf beiden Seiten und besonders bei der 3-fachen Mutter Virginia, die leicht bekleidet, uns mittendrin im überraschend starken Andrang beim Verkauf des bisher einzigen Album Live At Malmoe – Copenhagen Blues Connexion herzlich verabschiedet. Sehr kurzweilig war diese Hauptspeise, besonders wegen des Ablaufs; mal rockig, dann balladesk, zu zwei akustischen Gitarren und Harmonika singt Maisan, dann röhrt bei einem Rocker wieder die markante Orgel von Svenne über den Platz. Aber immer ist Virginia Herrin im Ring, mit ihrer sanften, charmanten, gestenreichen und dennoch druckvollen vokalen Darbietung sowie außergewöhnlicher körperlicher Präsenz dirigierte sie alle Akteure nonverbal und stachelte ständig zu Höchstleistungen an. Sie bezaubert mit ihrem Gesang, kurzen Geschichten und Präsenz; hinter, vor, neben und auf der Bühne; das Publikum tobt, immer wieder brandete stürmischer Szenenapplaus auf. Genau wie am Vortag das junge Berliner Trio The Wake Woods die Geister des Blues beschworen haben, knüpfen die ebenfalls etwa gleichaltrigen „jungen Schweden“ Skybenders mit einem Feuerwerk an Spielfreude und Emotionen an. Das ist die Musik die unsere jungen Generationen hören wollen und an die Bühnen zurückbringen wird, aber ebenso die älteren Musikfans dort hält, gemeinsam im Bann der Magie dieser furiosen Künstler gefangen. Weitermachen Virginia & Skybenders aus Sverige, bringt euer Publikum egal wo und auch mit den Delta Friends zum Überschäumen, auch wir arbeiten weiter an Möglichkeiten, versprochen. Bilder unten: Sessions mit Matthias Falkenau, Arcadius Didavi, Gemma Abrié, Angela Cory, Txako Jones, Jan Hirte, Micha Maass (L/R).

Am Festival-Sonntag startet die mehrstündige Blues-Session bei strahlenden Sommerwetter recht pünktlich und mit drei Sängerinnen nacheinander. Die begleitende Session-Band bestand im Kern aus Matthias Falkenau an der Orgel, Jan Hirte an Gitarren und Micha Maass am Schlagzeug. In der Trommelburg wurde auch schon mal gewechselt, bei der Spanierin Txako Jones trommelt Carlos Dalelane aus Mozambique in der Schießbude. Später, als das tschechische Familien-Trio um Petra Börnerová aus Prag auf der Bühne stand, schwingt der erst 14-jährige Tomáš Bobrovniczký Junior souverän die Trommelstöcke. Als zusätzlicher Tieftöner steigt zwischendrin auch noch Arcadius Didavi (Mademyday Session Band) nahtlos in die laufenden Improvisationen ein. Damit hatte Festival-Drahtzieher Micha Maass es tatsächlich geschafft, bis auf drei Bands (Muddy What? vom Donnerstag, die britischen Mask und Liz Mandeville & Band), die alle nur in Clubs aufgespielt hatten, in den drei Tagen fast alle Musiker des gesamten Festivals auf die Pink-Piano-Bühne zu lotsen und zu präsentieren. Damit nicht genug, hatte Micha für den abgesagten Session-Auftritt von Virginia Pihlblad von den Skybenders mit Angela Cory aus Sydney, Australien (The Midnight Shakers) und der Katalanin Gemma Abrié zwei weitere starke Sängerinnen zur Abschluss-Session des Blue Wave 2024 gelockt. Gemma steht seit ihrem 16. Lebensjahr auf Bühnen, hat inzwischen auf ihrem langen Weg mit Blues, Gospel, Jazz und Soul ihren ureigenen Stil gefunden. Zusammen mit Petra Börnerová unglaubliche vier Sängerinnen aus verschiedenen Regionen der Welt, zum Teil alle auf der Bühne, die hier mit unterschiedlichen Temperament, Stimmlage und musikalischer Ausrichtung für richtig Alarm auf der Binzer Kurhaus-Bühne sorgten. Wer denkt, das ist nicht zu toppen, weit gefehlt. Während der Session mit dem Petra Börnerová Trio, hatten sich die drei anderen singenden Damen in den Keller des Pavillons zurückgezogen, beratschlagt und kommen mit drei extra abgesprochenen Titeln auf die Bühne zurück. Mitreißend zuletzt die fantastische Session-Version der Allstar-Band mit Superstition. Die drei Sängerinnen spielten sich die Vokal-Bälle locker zu, schmettern im Chor und Solo, die singende Funk-Gitarre von Jan Hirte begleitet die Damen, das groovende Fundament passgenau von Arcadius Didavi und Micha Maass, Tasten-Derwisch Matthias Falkenau dabei, der deutsche Stevie Wonder von Binz, der die Tonlage des Originals praktisch kopiert. Bilder unten L/R: 1. Txako Jones & Jan Hirte, 2. Matthias Falkenau, 3. Txako Jones & Gemma Abrié.

Chapeau und große Verbeugung für alle Musikanten die bei dieser 4-stündigen Session sich den Staffelstab auf der Bühne kongenial und kollegial weitergereicht hatten, und uns ein unvergessliches Konzert geboten hatten. Auch mit diesem Abschluss, aber nicht nur deshalb, ist das Blue Wave Festival wieder mal preisverdächtig. Diese Art von kraftstrotzender Session schreit nach Wiederholung am Abschluss-Sonntag 15. Juni 2025, mal sehen. [B_T: Christa & Roland Koch]

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