Und jährlich grüßt das Blues-Murmeltier oder: gut so !! – Breites Programm zum Mini-Jubiläum – Es war in der unruhigen Post-Covid-Phase, beim Festival-Debüt 2021, tatsächlich nicht klar und sicher wie lange diese Veranstaltung durchhält, dennoch ist Boogie-Trommel-Papst Andreas Bock das Risiko eingegangen.
Auch getragen von vielen Sponsoren, Unterstützern, Stammkunden und besonders der leidenschaftlichen Jeinser Organisations-Mannschaft ist diesmal nun schon das Mini-Jubiläum zum Fünfer. Jedes Jahr Ende Juni wird nun das Dorf Jeinsen zur Blues-Hauptstadt Niedersachsens, hoffentlich noch sehr lange. Veranstalter-Team: „Auch zum 5. Festival Ende Juni 2025 lädt German Blues Award Gewinner Andreas Bock wieder viel große Musik in das kleine Jeinsen vor den Toren Hannovers ein und verspricht allerbeste Unterhaltung.“ Und das war und ist das Motto jedes Jahr !! Auch müssen die Besucher in Jeinsen immer bereit sein für Überraschungen, denn der Programmablauf kann sich schon mal ändern und/oder Musiker von anderen Bands können auch als Gäste woanders mit auftreten, die Künstler mischen sich unter das Volk und zusammen wird der Blues gefeiert. Das ist auch der Charme der dieser Veranstaltung auszeichnet. An dieser Stelle möchten wir diesem Jeinser Menschen-Kollektiv erneut unsere Hochachtung aussprechen. Alle, die Leidenschaft für Kultur im Premium-Bereich haben, sollten diese Veranstaltung unterstützen: mit Rat & Tat, auch mit Teilnahme und Konsum während der Veranstaltungen oder in jedweder anderen Form. Ihr macht es auch für euch selbst, denn gemeinsame schöne Zeit ist seit über 30.000 Jahren Zivilisation (vermutlich sogar länger), neben auch unschönen Dingen, das wichtigste Verbindungsglied zwischen den Humanoiden auf dem blauen Ball im Meer der Sterne.
Kathrin & Andreas Bock – Der Festival-Veranstalter aus Pattensen und deren Team hatten es wieder mal geschafft, 14 Formationen an vier Tagen auf drei völlig unterschiedlichen Bühnen. Da müssen sich bezüglich Kulisse selbst die Mega-Spektakel an der Bastei, Elbsandsteingebirge in Sachsen oder der Störtebeker in Ralswiek auf Rügen oder Karl-May-Spiele Bad Segeberg mächtig ins Zeug legen. Hier in Jeinsen ist nichts Kulisse, hier findet sogar an den Festivaltagen alltägliches Leben statt. Es hatte sich wieder eine ordentliche Anzahl unterschiedliches Besucher an allen vier Spielstätten versammelt. Die Blues & Jam-Night am Festival-Mittwoch startete traditionell im großen Biergarten des Land-Gasthaus Jeinsen mit einer Allstar-Blues-Band, Best Of Jeinsen Jam Band. Weiter ging es von Country und Folk bis hin zu mitreißenden Beats aus Ragtime und Swing. Das wurde vom italienischen Akustik-Duo Red Wine Serenaders aus Mailand geboten. Sie musizieren seit circa zwei Jahrzehnten zusammen und haben inzwischen auch schon fünf Alben veröffentlicht, hier zeigt sich also wie vital und breitgestreut die europäische Blues-Szene immer noch und die geballte musikalische Erfahrung ist. Sängerin Veronica Sbergia ist ein Energiebündel, spielt auch herausragend Bariton-Ukulele, Kazoo und Waschbrett. Ihr Kongenialer Partner Max De Bernadi ist ein großartiger Blues- und Ragtime-Fingerflitzer. Die beiden werden auch bei der Blues-Kreuzfahrt 2026 (Ankündigung kommt demnächst) von Kiel nach Cuxhaven an Bord der MS-Deutschland für Stimmung sorgen. Zum Abschluss des Eröffnungstages dann noch die heimische Blues Band Lucky Beggar & The Dirty Keys aus Hildesheim. Die Band um Pianist Lucas Bente machte den Tag rund und sorgte für ordentlich geballten Blues-Rock.
Piano Boogie Night – Den immerhin 800 Jahre alten frühgotischen Glocken-Turm sieht man schon aus allen Richtungen von weitem und dort am höchsten Punkt dieser niedersächsischen Einsiedelei fand am Donnerstag, auch wie inzwischen gewohnt, Runde Zwo der viertägigen Jeinser-Blues-Festspiele statt. Leider war diese Sause schon sehr lange ausverkauft, denn die Büßerplätze auf den schlichten Holzbänken sind begrenzt, also 2026 früher Karten besorgen, nächstes mal nicht so lange warten und schnell bei Kathrin Bock zuschlagen !! Dort stand mit den Boogie Shakers (der Hildesheimer Marius Labsch an den 88 Schwarz-Weiss-Tasten und Trommel-Maschinist Andreas Bock aus Pattensen), der jungen Schweizerin Jo Carpenter aus Zürich und dem 43-jährigen NRW-Boogie-Woogie-Spieler Stefan Ulbricht alles im Zeichen von Genuss unter dem Motto: Piano Boogie Night. Damit gelingt dann hoffentlich auch die kraftschonende Überleitung zum Hauptschauplatz Vierseitenhof Kleukers am Freitag und Samstag. Denn, vier Tage Voll-Blues-Programm halten nur die wenigsten Blueser durch.
Vierseitenhof Kleukers Freitag – Wir sind in einer Gewalttour durch den Reise-Wochenende-Straßenverkehr am Freitag von Stellshagen (MVP) nach Jeinsen an der Leine südlich der Landeshauptstadt Hannover angereist. Da war die kurze Fahrt von der Herberge in Pattensen in das idyllische Jeinsen eine echte Wohltat. Aber als wir von Pattensen in Richtung Festival-Dorf und an allen Spielstätten (Gasthof, Kirche) vorbei zum Hauptschauplatz Vierseitenhof Kleukers fuhren, wurden wir entspannter. Als wir die gut besuchte Arena beraten war schon einiges los im Karree. Es war auch sehr angenehm, gleich beim Eintreten in den Vierseitenhof Kleuker von Hofbesitzer Anke & Günter Kleuker bekannte Gesichter zu sehen. Dort begrüßte uns freudig Nicole aus dem Organisationskomitee und brachte uns auf den aktuellen Stand. Ihren Mann Tino trafen wir später auch im realen Einsatz, er ist für die Medien-Präsentation zuständig. Ein wunderbares Pärchen, denen die Leidenschaft für IHR Jeinsen-Blues-Festival förmlich aus allen Poren dringt. Ohne diese wunderbaren Helfer ist so eine Veranstaltung leider heute NICHT mehr möglich und wir befürchten, der Kulturverfall wird zunehmen. Aber wir denken positiv: Jetzt erst recht, denn jetzt wird richtig in die Hände gespuckt und wir Erhöhen das Brutto-Kultur-Produkt (frei nach Geier Sturzflug). Leider waren diesmal in der Scheune keinerlei Kunst-Ausstellungen, nur ein Fotograf aus dem Niederrhein präsentierte einsam seine schönen Bilder. Anja Tschenisch aus Leipzig ist eine sehr quirlige Sängerin, hat seit 2016 in der Rhythm’n’Blues-Band Trouble Ahead bereits viel Bühnenerfahrung gesammelt. Sie wurde von Frank Rihm (Rihm Shots: Harmonika, Gesang), Marius Labsch (E-Piano) und Andreas Bock (Schlagzeug) unterstützt. Der Auftritt brachte sofort Leben in die Bude und verstärkt Blutfluss durch die Körper, heißt die Zuschauer waren in Bewegung. Damit war der erste Teil vom Staffel-Rennen Ladies Night gut bewältigt, der Wechsel mit kurzen Umbau auf der Bühne, war erfolgreich vollzogen und die zweite Dame des Tages, Vanja Sky aus Kroatien, brachte mit ihrem Repertoire aus beinharten modernen Bluesrock die Bühne zum Beben. Sie promotet aktuell das in einem Club in Kassel aufgenommene Live Album Access All Areas Live (2025). Sie trat in Jeinsen in einem blauen ganzteiligen Hosenanzug auf, damit stachen ihre ultrablonden noch deutlicher hervor. Aber dadurch wurde auch die Distanz zwischen den drei Männern und ihr sehr klein. Das Repertoire des Quartetts aus Eigen- und Fremdkompositionen war sehr ausgewogen. Vanja zog souverän alle Register, drehte Gitarre spielend wie letztes Jahr Abi Wallenstein eine große Runde durch das Publikum, verteilte sogar Geschenke. Mit dem deutschen Frauen-Trio The Silverettes, mit männlicher Gitarren-Unterstützung, kam dann im nächtlichen Blues-Areal richtig Stimmung auf. Die drei Frauen an Schlagzeug, Kontrabass, Gitarre (und Ukulele), gekleidet mit gleichen gestreiften Shirts im passenden Schwarz-Weiß, brachten den Blutdruck der Zuschauer wieder in ungesunde Bereiche. Der Gitarrist sagte mir lächelnd im hautnahen Einsatz meinerseits: „Du machst mich nervös“, nee nee mein Lieber, das waren wohl eher die drei Damen, die mit Volldampf das Karee im Hof eroberten. Mit Rockabilly und Doo-Wop zum Mitfeiern und auch Mittanzen ging es in die angenehme milde Sommernacht. [B_T: Christa & Roland Koch]
Vierseitenhof Kleukers Samstag – Am Abschlusstag gibt es mit fünf Formationen noch einmal acht Stunden Blues in vielen Stilen, von Ein-Mann-Band Olivier Mas bis 8-köpfiges Orchester mit drei Sängerinnen Mrs King & Her Jewels. Der Veranstalter aber auch alle Bands und Besucher hatten Glück, denn Wetter und Programm waren durchgängig gut. Samstag am frühen Nachmittag geht es schon wieder übergangslos in die letzte Runde, na ja ein paar Stunden geruhsamen Schlaf sollten dann schon sein. Mit der französischen Ein-Mann-Kapelle des Multiinstrumentalisten Olivier Mas (2024: One Man Swamp Boogie) wurde minimalistisch und mit moderatem Tempo gestartet. Aber beim Vortrag von Olivier hatten man nie das Gefühl das ein zusätzlicher Mitspieler unbedingt notwendig wäre. Andreas Bock war begeistert wie wir und nahm aus den Händen des französischen Künstlers gerne eine seiner CD’s entgegen. Mit der Formation Hörbie Schmidt Band (2019: Ich Liebe Den Blues) aus Kiel, unterstützt durch Frontsängerin Lili Czuya, wurde dann die Gemeinde nach kurzer Umbaupause kraftvoll mit einem musikalischen Weckruf wieder zusammengetrommelt. Handgemachter ehrlicher Blues mit deutschen Texten, die waren auch in Göhren beim Blues Camp 2025 von Deutschlands Harmonika-Lehrer Dieter Kropp gut angekommen. Was ein Kontrast. Bei Mrs King & Her Jewels war danach die Bühne mit acht Musikern proppenvoll. Auch Meike König alias Mrs King hat schon alle Bühnen in Jeinsen mehrmals gestürmt und das Publikum mit verschiedenen Programmen verzaubert. Mit Peter Schmidt und seinem erdigem Bluesrock-Trio Dodge Boogie wurde der Schubhebel wieder ganz nach vorne auf Anschlag geschoben. Der Ausklang des Festivals am Samstag mit dem Piano-Rocker Andy Lee & His Rockin‘ Country Men aus der Landeshauptstadt Hannover. Wie am Vortag mit den The Silverettes war noch einiges „Los im Hof“ und es wurde erneut mächtig getanzt und gefeiert bis weit in den Sonntag hinein. [B_T: Christa & Roland Koch]
Sehr erfreulich war wieder die Spannbreite der Formationen, aber auch das sich diesmal wieder Frauen und Männer die Waage gehalten hatten. Da sind weltweit andere noch in den Kinderschuhen, ganz zu schweigen besonders auch in Deutschland. Und was sagen Fuchs, Hase, Igel und weitere tierische Bewohner die das ganze Jahr gemütlich und friedlich in den Leine-Auen zusammenleben und sich nun wieder das Grünzeug aus den Ohren gepuhlt haben ?? War ja garnicht so laut wie wir dachten und Spaß müssen die wohl auch gehabt haben. Nun ein Jahr idyllische Ruhe. Aber wir freuen uns schon wieder auf den Mob im nächsten Jahr. Wie wahr !!
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