Festival: Woodstock Forever 2025_4 – Waffenrod Auenland (DE_TH)

Veröffentlicht am 15. Oktober 2025 um 16:15

Samstag: Und am Anfang stand das Wort !! Auch in unserem Vorwort 2025 – Drei prall gefüllte wunderbare und emotionale Festivaltage mit insgesamt 19 internationalen Formationen haben wir bei allerschönsten Sommerwetter von Mittwoch bis Freitag erlebt und sind nun leider schon hinter uns. Es hat nur einmal beim Auftritt von Yasi Hofer kurz geregnet.

Die schönen Effekte auf die digitalen Fotos könnt ihr euch in der dazugehörigen Bildstecke im dritten Teil unserer Berichterstattung ansehen. Aber wir haben viele dieser schönen Erlebnisse vor und hinter den Kulissen noch lange nicht vergessen, vermutlich werden wir sogar viele davon 2026 mit ins Auenland bringen und sie mit den Aktivisten vor Ort noch einmal teilen. Aber nun wollen wir erst einmal auf den abschließenden Tag des Woodstock Forever Festival 2025 schauen und berichten, was dort am Samstag im Gelände und auf den drei Bühnen los war.

Birth Control – Auf diesen Trupp älterer Kraut-Männer können wir sehr stolz sein, auch wenn keiner von denen nur ansatzweise zur Gründerbesetzung von Birth Control gehört. Warum, weil es keine Besseren geben könnte, die den Geist der Geburten-Kontrolleure so authentisch bis heute am Leben erhalten. Und das spüren rekordverdächtig auch die unfassbar vielen Zuschauer gleich so früh zu Beginn vom letzten Tag der thüringischen Festspiele. Ein absolutes Schwergewicht, das normal eigentlich als Hauptattraktion abends die Bühne besetzt hätte, bringt, wie auch schon an den beiden Vortagen Erja Lyytinen und die The Wake Woods richtig Stimulation und Frühsport ins Gelände. Klassische Orgel-Attacken durch Sascha Kühn, Talk-Box mit Martin (Ludi) Ettrich, Schlagzeug-Inferno von Manfred von Bohr (er war auch schon mit Bröselmaschine und Randy Hansen im Auenland), dem singenden Anführer und Hutliebhaber (wie Franck Carducci) Peter Föller und sogar Cyborg-Bassist Hannes Vesper ist das Lachen ins Gesicht gemeißelt. Im Nebel auf der Bühne, manchmal sind die Musiker nur schemenhaft auszumachen, spielt sich das Rock-Quintett durch ihr Hit-Repertoire und fünf Birth Kontrolleties können kaum glauben, was sie hier so früh erleben. Das bestätigen sie uns im Beisein vom Veranstalter Michael Memm freudestrahlend auch nach dem Auftritt. Da werden sogar während der Operation „Sturm auf den Thüringer Wald“ massenhaft Selfies zum Beweis gemacht. Fantastisch, wie die vielen Besucher diese deutsche Rock-Legende gefeiert und das auch durch massig Kauf am Merch-Büdchen unterstrichen haben.

Luisa Laakmann – Nun wird der „Kreislauf“ im doppelten Sinne wieder angeregt. Zum einen wechselt der echte Musikfan, wie seit drei Tagen gewohnt, nun von der Bühne am Wald zur lauschigen Lift-Bühne. Zum anderen werden dadurch Körper, Geist und Appetit angeregt. Dort kann man sich nun nach der Rockwalze mit „Gamma-Bestrahlung“ bei der 32-jährigen Solistin Luisa Laakmann, sie trat 2022 schon mal auf der vorherigen Blockhaus-Bühne auf und hatte diesmal auch einen Stand bei den Händlern, wieder etwas erholen. Redaktionskollege Marvin schrieb dazu: „Es darf auf der Wiese geträumt werden, während Luisa allein mit Gitarre und Percussions zusammen mit der Sonne strahlt. Dazu gibt es charmant gute Laune, Texte aus eigener Feder, ohne Zweifel Hippie-Spirit.“ Und genauso war es. Minimalistisch an einem Mikro und akustischer Gitarre begeistert Luisa mit ihrem viersprachigen Vortrag. Ihre meist autobiografischen, lebensnahen Texte handeln vom Loslassen von Denkmustern und verfestigten Lebens-, Liebes- und Gesellschaftsformen, von Freiheit und vom Mut aufzubrechen. Und auch hier wieder eine schöne Verbindung zum Woodstock Festival 1969. Heute steht bei ähnlichem Wetter wie damals eine junge talentierte Künstlerin in Thüringen vor den Menschen, am Samstag, 16. August war es Folk-Legende Joan Baez, am 16. August 2025 Weltbürgerin Luisa Laakmann aus Oelde. Ein stärkeres Band zwischen diesen beiden Feier-Orten kann man kaum knüpfen.

Leif De Leeuw Band – „Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran.“ Wir waren durch das Blues & Jazz Festival Bamberg bereits im Bilde und vorgewarnt. Selbst die größere Scheunenbühne reicht kaum für das Sextett der Leif De Leeuw Band. Zwei üppige Trommel-Burgen, eine Hammond mit Leslie und eine Armada aus Verstärkern wurden dort aufgetürmt. Nun erwartet uns purer und energetischer EU-Southern-Rock von einer jungen Truppe aus den Niederlanden hier am Hauptschauplatz. Namensgeber Leif De Leeuw wurde bereits als Blues-Rock-Gitarrist und Komponist mit internationalen Preisen und Auszeichnungen überhäuft. Sein singender Gitarren-Kollege Sem Jansen ebenso, er gewann als Sänger sogar ein TV-Format. Beide in Kombination erzeugen ein dual-getriebenes, vokalgestütztes Gitarren-Gewitter der Extraklasse. Zusammen mit Boris Oud (Bass), Jeroen Ermens (Keyboards, Hammond) und den beiden Schlagzeugern Tim Koning und Joram Bemelmans tourt die Band derzeit nonstop und unermüdlich durch ganz Europa, um ihren ausdrucksstarken Dutch-Südstaaten-Rock zu den Zuschauern zu bringen. Und dass sie Profis sind, zeigt sich als die groovenden Basslinien von Boris Oud plötzlich nicht mehr zu hören sind. Der Sichtkontakt und das Minenspiel untereinander fällt sofort auf, die Suche nach der Ursache unterbrach aber nicht eine Milli-Sekunde den Spielfluss. Dafür sieht man nach Behebung des Problems im Gesicht von Boris (The Spider) wilde Erleichterung und Entschlossenheit. Es folgt zum Trotz sofort mit Gumbo Man ein bassgetriebener Song samt ausgiebigem Spider-Solo, aus Pech wird Glück für den nun wieder entspannten Bassisten. Wer Fan von den großen US-Helden dieses Genres ist, kommt hier mehr als auf seine vollen Kosten. Zwei symbiotische Schlagzeuger in Bestform gibt’s gratis obendrauf. Stimmung kann auf beide Seiten so einfach rübergebracht werden, das gibt Leif De Leeuw anschließend selber zu: „It’s easy on a festival like this“. Endlich ist die Kontinental-Europäische Musik-Szene wach geworden und setzt auf ihre großartigen eigenen Künstler. Unsere Rocker wie beispielsweise Erja Lyytinen, Ellis Mano Band, DeWolff, Yasi Hofer, Stephan Graf, Hamburg Blues Band und viele mehr, die hier in Waffenrod aufgespielt haben, können es mindestens ebenso gut wie die englisch sprechenden Musiker weltweit.

Tō Yō – Auch am Samstag wird es wieder sehr exotisch, denn Gäste aus dem Land der aufgehenden Sonne gibt es nicht so oft im fernen Europa. Tō Yō (östliches Schaf) aus Tokio heißt das nächste Quartett, sie stufen ihre Musik selbst als psychedelischen fernöstlichen Jam-Rock ein. Wir waren gespannt, wie sich die vier Musiker hier oben auf der Wald-Bühne präsentieren würden und ob sie das Feuer bei den deutschen Besuchern entfachen könnten. Lange sphärische, instrumentale Passagen; Delay, Doppelung, Hall, Echo, Fuzz, Verzerrung; hier bewegen sich die Japaner souverän auf ihrer elektronischen Spielwiese, sie wirken dabei sehr kontrolliert und zurückhaltend, fast ein wenig emotionslos wie bei den Robotern von Kraftwerk. Aber überraschend erreichen sie damit das Publikum, Szenenapplaus und immer mehr Zuschauer, das entlockt ihnen doch noch ein paar mimische Reaktionen im Gesicht. Ihr gekonntes Spiel zieht das Publikum in ihren Bann, führt zu einem gemeinsamen Trip, treibt das Kollektiv immer weiter und entlockt dann doch noch mehr menschliche Regungen. Eine Zugabe wird laut gewünscht, leider nicht, denn die Reisezeit ist um. Das Bad in der Menge fällt für Japaner fast schon enthusiastisch aus, sie finden sich mitten im Publikum ein, vier japanische Musiker zum Anfassen und Umarmen, es Menschelt sehr und wieder ist der Geist von Woodstock 1969 stark zu spüren. Statt ausverkaufter Debüt-CD’s Stray Birds Form The Far East (2023), das neue Live-Album Yosuieiho – Tō Yō Live at Shindaita Fever haben sie auch noch nicht dabei, gibt es am Merchandise zumindest ein ausgemustertes Effekt-Pedal der Band zu kaufen. Gelebter Minimalismus, Überraschung auch hier.

The Dynamite Daze - Nach fernöstlichen filigraneren, fliegenden Rock-Teppich nun zweimal hintereinander schnurgerader Blues-Rock aus heimischen Gefilden. Zuerst The Dynamite Daze aus der Region Karlsruhe, eine außerordentliche viel zu unterbewertete Blues-Band mit einer wechselvollen und sehr interessanten Geschichte, sowie immer mit vier erstklassigen, erfahrenen Könnern auf ihren jeweiligen Instrumenten. Es lohnt allemal, sich ein wenig mehr mit dem Werdegang von Theuderich „Diddy“ Metzger und seinen verschiedenen Kapellen zu beschäftigen. Didi Dynamite ist Sänger, Harmonikaspieler und kreativer Anführer dieses Quartetts, setzt mit seiner Dynamik, Erfahrung und Blues-Leidenschaft jede Bühne mühelos unter Starkstrom. Nach 2010 und 2014 nun auch wieder einmal hier im Auenland. Mitgebracht hat er das zweite Urgestein der Band, Gitarrist Martin Czemmel und „Youngster“ Rhythmusgruppe Martin Hofpower (Bass) und Schlagzeuger Rolf Schaude. Ehrlicher, handgemachter Blues vom Allerfeinsten mit starken Mundharmonika-Einsatz und dazu Theuderich Metzgers rauer, rauchiger Gesang sind die Markenzeichen dieser Truppe. Sie spielen sich souverän durch ihr üppiges eigenes Material, man hat oft das Gefühl, das ein oder andere Lied schon mehrfach gehört zu haben. Die zahlreichen Blues-Jünger lauschen andächtig, waren begeistert von dieser unerwarteten kurzweiligen Blues-Messe zum Ausklang am alten Lift. Hier geht nach drei Tagen und einem bunten Programm für dieses Jahr leider Licht und Ton aus und unten an der Scheunenbühne erwartet die bereits vorelektrisierten Fans eine zweite deutsche Blues-Institution, diesmal aus der Hansestadt an der Elbe. Programmplanung kann so einfach sein, bei solchen großartigen Künstlern, drei Generationen aus Tokio, Ubstadt-Weiher und Hamburg !!

Hamburg Blues Band – Die Auftritte von Tō Yō und The Dynamite Daze wurden etwas kompakter abgewickelt, um der Hamburg Blues Band den notwendigen Raum für drei weitere Stunden Non-Stopp Blues-Rock zu geben. Denn natürlich haben die Hamburger, wie gewohnt auch in diesem Jahr wieder prominente Gäste eingeladen. Zunächst begleitet sich Liedermacherin Dani Wilde selbst mit Akustikgitarre und sorgt für einen atmosphärischen Einstieg. Wie immer startet dann die Besetzung um Leitwolf Gert Lange kompakt als Quartett. Routiniert und kraftvoll geht es wie immer durch die typischen Blues-Gefilde und die Spannung wird nun langsam kontinuierlich gesteigert. Als Stephan Graf, kreativer Frontmann von The Double Vision und Theodor Strom, Bad Penny anstimmt und sich mit Gitarren-Entertainer Krissy Matthews kollegial duellierte, sieht es schon ganz anders aus. Noch eine Nuance härter wird es dann mit der kroatischen Blues-Lady Vanja „Krbavcic“ Sky am führenden Mikro. Inzwischen ist das Gelände bis in die höchsten Ränge oben am Waldrand vollständig mit Gästen geflutet, alle Blues-Fans wollten sich diesen Leckerbissen nicht entgehen lassen. Dann betritt Inga Rumpf, Blues-Ikone, die zusammen mit den City Preachers, Frumpy, Atlantis deutsche Musikgeschichte mitgeschrieben hat, die Bühne. Mit dem smarten Weltklasse-Bassisten Reggie Worthy spielt sie schon seit 50 Jahren zusammen und mit Kapellmeister Gert Lange sowie Schlagzeuger Eddie Filipp immerhin auch 40. Offensichtlich fühlen sie sich nach so vielen Jahren zusammen Musizierens immer noch wohl auf der Bühne und genossen das gemeinsame bluesige Treibenlassen unter Freunden und Gleichgesinnten. Bei Stevie Wonders Superstition gibt es ordentlich Platzmangel auf der großen Bühne, unzählige Mikros sind allesamt in Benutzung, die Stimmung steigt weiter und genau das zeigt die Stärke dieser Hamburg Blues Band deutlich. Das Allstar-Programm ist seit Jahren das Meisterstück ihrer Auftritte und das diesjährige geht hier im Thüringer Wald erneut voll auf. Die durchweg präsente und immer sehr freundliche Sicherheitsmannschaft an den Zugängen, Bühnenrändern und am Zugang zur Blockhaus-Scheune, erlaubt hier einem stolzen Vater mit Kind auf den Schultern sogar einen Ehrenplatz an seiner Seite. Das ist gelebte Menschlichkeit und ebenso vorbildlich wie vieles andere hier beim Woodstock Forever Festival. Das ist einer der Gründe, warum wir gebetsmühlenartig immer wieder sagen, hier werden die Maßstäbe für Kulturveranstaltungen unter freien Himmel gesetzt. Wir werden nicht müde, das zu sagen.

Tommy Who! – Eine Menschenkarawane bewegt sich durchs Gelände Richtung Waldbühne und es wird dort bei Tommy Who! ähnlich voll wie bei den Hamburger Nordlichtern mit ihren Gästen. Dieses Kollektiv professioneller Künstler, sie alle arbeiten auch noch in vielen unterschiedlichen Bands und Projekten, kommt aus München, sind mit acht Musikern aus der entgegengesetzten Ecke Deutschlands angereist. Tommy Who! haben sich 2019, zum 50. Jubiläum der bekanntesten Rock-Oper Tommy von The Who, zusammengefunden um diesen Meilenstein zu würdigen. Dieses Werk steht hier heute im Fokus und wurde komplett aufgeführt. Die einzelnen Musiker schlüpfen dabei in die Charaktere der Geschichte. So entstand eine dynamische moderne Rock-Revue ähnlich wie bei Franck Carducci & The Fantastic Squad am Eröffnungstag. Danach gibt es auch noch ein Potpourri der Who-Hits dieser Zeit. Die Band spielt druckvoll die Rock-Kompositionen sehr nah am Original, perfekt Ton und Licht unterstützen diese Aufführung und der Gesang von drei wechselnden Gesangsstimmen sorgen für Klangfarben und Abwechslung. Die Art der Präsentation ist vielleicht nicht für jeden Geschmack, besonders bei einem Festival dieser Ausrichtung. Aber etwaige Kritik ist völlig unangemessen, denn die Vorführung des Who-Materials war perfekt und der Veranstalter hatte gut ausgesucht !!

Physical Graffiti – Bevor Physical Graffiti das Ende einläutete, bittet Familie Memm noch einmal alle helfenden Hände auf die Bühne. Das ist eine schöne Tradition. Selten gibt es Veranstalter, denen der Zusammenhalt und die ausführlichen Danksagungen so am Herzen liegen. Es wird Imagine von John Lennon angestimmt. Mit leisen Hoffnungen auf eine friedlichere Welt stimmen alle mit ein bis die Bühne dann wieder freigegeben wird für Rock’n’Roll mit Physical Graffiti. Sie sind nicht grundlos wieder einmal der Abschluss für das Woodstock Forever. Wie der Name erwarten lässt, beschwören die fünf Musiker aus vier Nationen den Geist der legendären britischen Rock-Walze Led Zeppelin. Golden ist nicht nur die Mähne von Frontmann Andrew Elt, sondern auch seine Stimmbänder und ebenso seine Bühnen-Präsentation. Er wirkt wie ein exakter Klon von Robert Plant. Gitarrist Daniël Verberk packt den Geigenbogen aus, der anschließend ein Souvenir für einen begeisterten Fan in der ersten Reihe wird. Mit einer erstklassigen Version von No Quarter hat sich das Quintett so gegen 01 Uhr morgens erst richtig warmgespielt und sie schütteln danach eine weitere Stunde noch reihenweise Led-Zep-Klassiker aus den Ärmeln. Der wie immer lässige Bassist Dave Harrold läßt sich dabei nicht eine Minute aus der Ruhe bringen, das Lächeln wich nie aus seinem Gesicht. Mit letzterem geht es dem Publikum ähnlich.

Wer nach proppenvollen Tages-Programm jetzt immer noch Energie hat, gleitet übergangslos wie jede Nacht zuvor, wieder hinein ins nächtliche DJ-Set. Der schwächelnde Rest verabschiedet sich in die letzte laue Nacht unter dem Sternenhimmel von Thüringen. So schnell sind die vier kurzweiligen Tage in Waffenrod vorübergegangen. Etwas war bereits am Sonntagmorgen sicher, mit weiterer guter Umsetzung von sinnvollen neuen Ideen und wie gewohnt guter Auswahl von Bands wird es auch 2026 wieder ein spektakuläres Hippie-Fest im Thüringer Wald geben. Auch das ist sicher, wir werden wieder umfassend berichten. Sollte der Andrang so bleiben, empfiehlt sich wohl der rechtzeitige Ticketkauf. Zu wünschen ist es dem Orga-Team vom Woodstock Fover auf jeden Fall !! Bilder und Texte: Christa & Roland Koch

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