Festival: Woodstock Forever 2025_3 – Waffenrod Auenland (DE_TH)

Veröffentlicht am 2. Oktober 2025 um 23:17

Freitag: Und am Anfang stand das Wort !! Auch in unserem Vorwort 2025 – Der Weckruf östlich aus dem Wald konnte lauter nicht sein und es kommt wieder reges Leben auf und vor die Bühne. Pünktlich eröffnet das Berliner Rock-Trio The Wake Woods den sonnigen Freitag. Geadelt mit TV-Aufnahmen beim WDR-Rockpalast, erfolgreiche Vorband von The Who, massig Vorschuss-Lorbeeren !!

Da sind die Erwartungen bei Publikum hoch. Nachdem die Brüder Luka und Pablo spät nachts unten an der Scheune Licht und Technik abgeschaltet hatten, haben die Brüder Ingo und Helge Siara oben die Bühnentechnik schon früh wieder hochgefahren. Ingo an Bass und Gesang ist dabei die treibende Kraft hinter der virtuosen Handarbeit aus Blues, Boogie und kraftvollen Rock’n’Roll. Beide Brüder wechseln immer wieder ihre mitgebrachten Instrumente. Laut Ingo hatten sie ihre Corona-Prämie in neue Gitarren und Bässe investiert und die müssen natürlich auch gezeigt werden. Helge: „Jetzt, da wir das Geld wieder zurückzahlen müssen, könnt ihr euch aber gerne bei uns melden, wenn wer eins der Schmuckstücke kaufen will.“ Schlagzeuger Merlin Niklasch ist erst seit wenigen Monaten Teil der Band, trommelt sichtlich routiniert und konzentriert durch den gesamten Auftritt. Beim erfahrenen Neuling sitzt jeder Stock-Schlag und nach der Zugabe Take The Money And Run, bei dem sein Podest wieder einmal gefährlich instabil wackelt, fällt am Ende die Last sichtbar von ihm ab. Das schweißnasse Trio hat wie immer einen energetischen lupenreinen Vortrag abgeliefert. Die Zuschauer honorieren das mit frenetischen Applaus und eine endlose Menschenkette vor dem Merch-Büdchen. Ob The Wake Woods an diesem Tag tatsächlich Instrumente an Fans verkauft haben, bleibt unklar. Dafür gehen einige Tonträger über die Laden-Theke neben der Bühne.

Restposten Bluesband – Nun sind wohl fast alle im Camp wach, auch die Langschläfer und es kann an der Liftbühne munter mit entspannteren Blues-Rock von der lokalen Restposten Bluesband aus der Nachbarschaft Weimarer Land weitergehen. Ein Stück würdige ostdeutsche Musikgeschichte, die seit 1999 in wechselnden Besetzungen, aber im Kern mit Jochen Saul (Gitarren), Schlagzeuger Stefan Meier und Torsten Petri (Bass) als Trio stabil musiziert. Die drei erfahrenen Musiker bringen diesmal auch noch Sänger Larry Doc Watkins und Hans Raths am Saxofon perfekt ins Spiel. Wegen der starken Mittagshitze halten sich viele Zuschauer im kühleren Schatten fernab der Lift-Bühne auf, dennoch ist die Stimmung ausgelassen. Der Restposten begeistert ähnlich wie an den Vortagen The Double Vision aus Thüringen und die Schweizer Ellis Mano Band mit handwerklich einwandfreier Musik. Besonders Sänger und Entertainer Doc Larry sticht dabei mit seiner Lebensfreude besonders heraus. Aber auch Hans hat mit seiner Zuarbeit am Saxofon dafür gesorgt, das Klangbild breiter und voluminöser zu machen. Das unterstreicht noch einmal unsere These, auch die etwas unbekannteren Bands wie Restposten Bluesband können das Feuerwerk entfachen und über einen gesamten Auftritt am Lodern halten. Die Lift-Bühne hat sich damit auch als dritter gleichwertiger Schauplatz etabliert und der Besucherstrom verteilt sich noch besser im weitläufigen Gelände.

B.I.R.D. – Mit weiteren ausgefeilten Interpretationen bekannter Kompositionen geht es mit einem „Wiederholungstäter“ unten am Hauptschauplatz nahe Scheune weiter. Das Pfälzer Sextett Black Indian Rope Dog (kurz B.I.R.D.) spielt diesmal dort auf. Die magischen Harmonien von den Folk-Rockern Crosby, Stills & Nash, die elektrisierenden Gitarren von Jimi Hendrix, der facettenreiche Sound von Pink Floyd und vieler anderer Helden dieser Zeit ziehen sich wie rote Fäden durch ihr Musik-Potpourri. Ebenso sind die emotionalen Klangteppiche der Allman Brothers Band und die psychedelischen Höhen von Jefferson Airplane auch ein Stück Seele von B.I.R.D.. Und das zeigen sie auch mit einer schönen Interpretation von Peter Framptons Klassiker Do You Feel Like I Do. Die Band ist gut eingespielt, auch der neue Schlagzeuger fügt sich gut in die Formation ein. Mich haben Katz (Front-Gesang) & Philipp Graf (Gitarre), die Brüder Marko (Gitarre) & Philipp „Phibs“ Burkhart (Keyboards), Jonas „JJ“ Jenet (Bass), Chris Geenen (Schlagzeug) wieder mit ihrem Mix aus Ohrwürmern im zeitgemäßen Gewand begeistert. Leider hat die Band ihr eigenes Material noch nicht präsentiert, aber Michael Memm verspricht: „Sollten B.I.R.D. in zwei Jahren wieder hier stehen, gibt es endlich auch die eigenen Songs zu hören.“

La Forastería – Auch am Festival-Freitag wird es wieder fröhlich-bunt und rhythmisch-beweglich oben an der Wald-Bühne, denn Südamerika ist beim Woodstock Forever heute mit La Forastería vertreten. Und es gibt damit auch wieder eine Verbindung zum US-Original 1969, damals wie heute lebt die Weltgemeinschaft auf einem Pulverfass an der schon lange die Zündschnur brennt. Umso mehr sind solche Leuchtfeuer-Veranstaltungen, die im Zeichen von Liebe, Freiheit, Frieden und Menschlichkeit stehen unverzichtbar. Dazu passt auch La Forastería, ein musikalisches Kollektiv und permakulturelle Gemeinschaft aus Córdoba, Argentinien, die daran arbeitet, in einer nachhaltigen und harmonischen Umgebung inmitten der Wälder zusammen mit der Natur zu leben, zu arbeiten und musizieren. Sie bezeichnen sich selbst als familiären Musikstamm, der vom Vordenker, Produzenten und Multi-Instrumentalist Tuto Petruzzi und der kraftvollen Sängerin und Songwriterin Toni Volpen geleitet wird. Tuto sieht aus wie eine Mischung aus Frank Zappa und Carlos Santana und so klingen auch seine Gitarrenkünste. Sie haben noch Esteban Galina (Saxofon), Daniel Burgos (Bass) für die Bühne sowie Julio Maria Perrone (Crew) mit nach Waffenrod gebracht und die sympathische Truppe ist glücklich hier aufspielen zu dürfen. Wir sind Liebhaber von solchen tanzbaren Musik-Experimenten, haben schon einige beeindruckende mystische Klang-Fusionen vor und auf der Bühne in der sommerlichen Natur inmitten des Thüringer Walds erlebt. Diesmal hat es auch wieder geklappt, diese Symbiose von Exotik, Rhythmik, Schamanismus, moderner elektronischer Musik mit lateinamerikanischen und afroamerikanischen Wurzeln und Gesang, bringt das Volk in Bewegung und weit über die Betriebstemperatur. Kochend wird es, als auch noch der Landsmann Namirí vom Vortag mit auf die Bühne kommt und in eine gemeinsame Session einsteigt. Hier wird lebendige Musik-Geschichte geschrieben und eine Verbindung geschaffen von den Wäldern Südamerikas in den Thüringer Wald.

Among The Waves – Auch am dritten Festivaltag ist Flexibilität und schnelles Umschalten auf andere Ausdrucksformen vom Besucher gewünscht, denn zur Halbzeit war der Freitag bisher kurzweilig, international, vielfältig und kunterbunt. Wer so etwas liebt, kommt hier im Auenland wie immer voll auf seine Kosten, wie wir früher beim Herzberg Festival erlebt haben. Das vom Veranstalter gut überlegte Konzept der nahtlosen Übergänge und ohne Überlappungen geht wieder auf. Ausruhen und kulinarische Pausen kann man sich auch mit Live-Musik gönnen und Rückzugsmöglichkeiten gibt es im weitläufigen, parkähnlichen Gelände genügend. Apropos umschalten, von den Wäldern Argentiniens geht es in die Metropolen von Sachsen, von kraftvoller, meditativer Klangreise werden die Schalter und Regler nun am alten Lift auf Bereich Alternative Rock und Post-Grunge umgestellt. Mit Among The Waves, angelehnt an selbigen Pearl Jam Song, tritt ein junges Quintett um Sänger Lukas „Tido“ Tischendorf und Jonas Tiesies (Führende Gitarre, Piano) an, um ihr eigenes rocklastiges Material an den Konsumenten zu bringen. Es klappt gut, das zeigt die Menschenmenge zwischen Bühne und Technikzelt. Da steht dann auch mal mit Tim Ringleib (Gitarre) und Simon Kupfer (Bass) eine Phalanx von vier Saiten-Zupfern vorne, fast verdecken sie den hart arbeitenden Schlagzeuger Lukas Thriemer hinter seinen Trommeln. Auch wenn sie erst seit 2022 zusammen musizieren, bisher nur drei Digital-Singles veröffentlicht haben, wirken sie sehr homogen, professionell und äußerst tatkräftig. Sänger Tido, mit offenem Hemd und Ketten-Anhänger mit Band-Logo, steigt dabei auch mal auf den fast berstenden Combo-Verstärker seines Kollegen Jonas, animiert das neugierige Publikum dazu, bei der Stange zu bleiben. Die grundsympathische Truppe hat ihre Reife-Prüfung bestanden. Das erste Album erscheint demnächst, wir werden dazu informieren und berichten !!

Yasi Hofer Trio – Der Weg vom alten Lift über das bewaldete Areal des Rahmen-Programms zur Scheunenbühne ist kurz. Dort unten macht sich schon die noch sehr junge aber technisch sehr versierte Yasi Hofer bereit. Wer ihre Vita etwas kennt, weiß sicher auch um ihre besondere Verbindung zu NYC-Gitarrenheld Steve Vai. Er entdeckte die talentierte Ulmer Gitarristin, sie war damals erst 14, lud sie zum gemeinsamen Musizieren zu sich auf die Bühne ein. Ähnlich wie Anfang der 80er bei Vai und Zappa, Geschichten wiederholen sich eben manchmal. Heute ist die 1992 geborene Yasmin Ines Hofer eine unserer größten Talente im Gitarren-Kosmos und sie trat hier im Trio auf. Viele neugierige Gesichter füllen schon längst die ersten Reihen und das Areal füllt sich blitzschnell weiter. Viele ihrer Kompositionen sind Instrumental, einige werden aber auch durch ihre variantenreiche Stimme veredelt. Das Donau-Blues-Express-Trio nimmt anfangs vorsichtig aber mit Spielfreude schrittweise Fahrt auf. Bassist Steffen Knauss und Schlagzeuger Christoph Scherer sind ein erfahrenes Fundament für Yasi’s Saiten-Akrobatik mit den hochgezüchteten Ibanez-Gitarren. Szenen-Applaus animiert das Dreier-Gespann, stachelt es an, es wird weiter hochgeschaltet. Blitze in der Abenddämmerung und leichter Regen hat das Festival erreicht. Einige massige Tropfen ergießen sich auf das Feiergelände, nach mehreren Minuten ist aber der Spuk vorbei. Warmgelaufen wird die zweite Hälfte des Konzerts zu einer Blues-Party, entwickelt sich das Zusammenspiel der drei Musiker immer weiter bis zum fulminanten gefeierten Abschluss mit üppiger Zugabe. Was anfangs noch wie einzelne Zutaten im Rezept wirkte, ist jetzt ein überzeugendes vollwertiges Menü. Die sympathische Yasi, aber auch Steffen und Christoph, strahlen nun berechtigt ins Publikum, erreichten mit ihrem virtuosen kollektiven Vortrag auch die allerletzten Reihen im proppenvollen Bereich vor der Bühne. Deshalb auch kein Wunder, dass am Merchandise noch lange signiert werden durfte.

Tryo – Aber nur eine kurze Atempause, denn mit den Chilenen Tryo steht nun eine weitere Rock-Band aus Südamerika oben auf der Wald-Bühne. In ihrer Heimat verständlich weitaus bekannter als bei uns, blicken hier dennoch, zu bereits fortgeschrittener Stunde, erwartungsfroh viele Zuschauer Richtung Bühne. Sie wurden sogar mit deutschen Ansagen überrascht. Leider musste eine geplante Video-Projektion aufgrund der angekündigten Wetterverschlechterung mit erwartetem Sturm entfallen. So steht das Quintett nun ohne die unterstützenden Animationen, aber bei buntem Lichtgewitter im Fokus. Ihr Rock-Konzept, eine geschickte Fusion aus Akustisch und Elektrisch, soll auch chilenische Prog-Rhythmen in die Welt tragen. Genretypisch spielen sie lange Kompositionen, die auch an die Hochzeiten der europäischen Helden der 70er erinnern. Aber es werden auch deutlich jazzigere und exotischere Nuancen hörbar. Alles war überraschend punktgenau und sehr feinfühlig gespielt, man spürt wie gut diese Truppe auf einander eingespielt ist. Aber keine echte Überraschung, denn es gibt diese Formation doch schon seit Mitte der 90er, sie haben inzwischen neun Alben plus Live-DVD vorzuweisen und aktuell mit Suramérica (Südamerika, 2023) ein gutes Beispiel für den progressiven weltzugewandten Ansatz dieser Band. Erinnerungen an die Flower Kings letztes Jahr an gleicher Stelle und viele andere Helden des Neo-Prog werden wach. Unerwartet, wie schon zweimal bei vorherigen Festivals Flor De Loto aus Peru, verzaubern Tryo das begeisterte Publikum in dieser lauen und angenehmen Sommernacht und das auch ohne weitere Wetter-Kapriolen. Hier hat das Kreativ-Team Melanie & Michael wieder einmal einen echten südamerikanischen Leckerbissen verpflichtet, das Konzept ist erneut perfekt aufgegangen.

Pristine – Mit dem norwegischen Rock-Quintett Pristine wird heute das große Finale vor unglaublich vielen nachtaktiven Feiernden zelebriert. Hard- oder Blues-Rock, auf jeden Fall stark Retro getränkt. Vintage und Retro ist in den skandinavischen Ländern sehr angesagt, auch im Bereich Musik. Frontfrau Heidi Solheim ist das Aushängeschild der 2006 in Tromsø nähe Polarkreis gegründet Band. Zusammen mit Espen Elverum Jakobsen (Gitarre, Gesang) sind sie das Kreativzentrum über sieben Veröffentlichungen. Heidi war schon letztes Jahr auf dem Festival als Gast bei der Hamburg Blues Band dabei. Die Stimmung bei der norwegischen Truppe ist ausgezeichnet, nicht zuletzt dank des leidenschaftlichen Teams hinter den Kulissen. Die Stimmung überträgt sich sofort auf das Areal und es folgt eine kurzweilige zweistündige Reise in die 70er Jahre. Auch hier wird der musikalische Hut vor Ozzy mit einer weiteren starken Interpretation von War Pigs gezogen. Sie bedanken sich für den Aufenthalt beim ganzen Team und stellen sicher, dass auch der Soundtechniker am Bühnenrand seinen Applaus einfahren darf. Viele Vinyls haben sie nicht mehr, freuen sich dafür aber genauso über Umarmungen, besonders Heidi umarmt viel und gerne. Grundsympathisch! Während die ersten nach der Zugabe zurück zum Camp aufbrechen, kündigt Veranstalter Memm überraschend an, dass der Keyboarder noch ein Solo hinlegen würde. Wenig später ist von einem ganzen Song die Rede. Die Bühne wird wieder freigegeben. Stille. Köpfe drehen sich wieder um. Dann betreten Heidi Solheim und Gitarrist Espen Elverum Jakobsen erneut die Bühne. Schon 28 Jahre spielen die beiden zusammen. Jakobsen greift zur grün-goldenen Gitarre und setzt zu einem langsam stampfenden Riff an. Mit Don´t Save My Soul verschmelzen er und Heidi Solheim zu einer Einheit. Pur und mit allem, was sie noch in sich haben. Aus der Gitarre tropft der Blues schon fast auf den Boden. Die Rückkopplung schreit. Erst als jeder mögliche Ton Saiten und Stimmbänder verlassen hat, endet der Titel mit einem Lächeln in Heidi Solheims Gesicht.

Weiter geht es im Teil VIER der Reportage über das Woodstock Forever Festival 2025 !! Acht weitere fantastische Bands !!

Bilder_Texte: Christa & Roland Koch

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